Freitag, 30. Mai 2014

Anonymous: Packt die Antisemitismus-Keule ein! (Gastbeitrag von Jürgen Todenhöfer)

Von Jürgen Todenhöfer 

Packt die Antisemitismus-Keule ein! 




Liebe Freunde, wer sich, wie der Papst oder die Mehrheit der UN-Staaten, für die Rechte der Palästinenser ausspricht, ist nicht antisemitisch. Sondern einfach nur gerecht.Für alle, die die Keule des Antisemitismus gelegentlich auch gegen mich geschwungen haben, eine kleine Geschichte:

Im November 2008 hielt ich an der Diplomaten-Akademie von Teheran eine Rede, in der ich mich kritisch mit dem iranischen Präsidenten Ahmadineschad befasste. Und auch für das Existenzrecht Israels eintrat. Spiegel-Korrespondent Dieter Bednarz, der dabei war, schrieb darüber auf Spiegel online:

"Dass Todenhöfer in seiner Rede auf die 'bösartigen, antizionistischen, antiisraelischen Äußerungen Präsident Ahmadineschads' eingeht, ist für ihn selbstverständlich. Die Holocaust-Konferenz (bei der Holocaustleugner aus aller Welt aufgetreten waren) nennt Todenhöfer eine 'Schande'. Bei seinem Auftritt in der Höhle des Löwen, muss Todenhöfer aufpassen, dass seine Zuhörer ihn nicht zerfleischen"

Soweit der Spiegel. Ich glaube nicht, dass jemals zuvor ein Westler die iranische Regierung in ihrem eigenen Land derart offen kritisiert hat. Deshalb bin ich aber noch lange kein Anti-Iraner. Im Gegenteil: Ich liebe die Iraner. Die meisten sind liebenswerte, kultivierte Menschen. Mit demselben Nachdruck, mit dem ich in Teheran für das Existenzrecht Israels eintrat, kämpfe ich für das Existenzrecht eines lebensfähigen palästinensischen Staates:

  • der nicht aussehen darf wie ein Schweizer Käse, (also nicht wie Bild 4, sondern eher wie Bild 3),
  • der genauso viel Rechte hat wie Israel,
  • dessen Würde respektiert wird und
  • dessen Menschen nicht wie Halbaffen (Sartre) behandelt werden.

Der Cousin der großartigen 'kleinen Anne Frank' hat einmal gesagt, Annes Vermächtnis sei, dass wir alle gegen jede (!) Form von Diskriminierung kämpfen müssen. Diesen Kampf gegen die Diskriminierung von Minderheiten habe ich mir - neben dem Einsatz für friedliche Konfliktlösungen - zur Lebensaufgabe gemacht. Kein Kritiker wird mich daran hindern. Keine Beschimpfung, keine Drohung. Auch nicht die immer häufigeren Morddrohungen.

Früher wurden die Juden diskriminiert, heute immer mehr die Muslime und vor allem die Palästinenser. Das mache ich nicht mit. Viele meiner jüdischen Bekannten teilen meine Meinung.

Wer sich für die Palästinenser einsetzt, ist kein Antisemit. Auch nicht, wer gelegentlich die israelische Regierung kritisiert. Ich kritisiere ja auch muslimische Regierungen und bin kein Antimuslim. Oder die deutsche Regierung, ohne deshalb antideutsch zu sein.

Bitte diskutiert auch dieses Thema ohne Beschimpfungen von Juden, Christen, Muslimen oder Andersdenkenden. Mit 'Antisemitismus-Keulen', Hass und Rassismus kommt unsere Welt nicht weiter. Sie sind nicht nur ein Zeichen mangelnder Menschlichkeit, sondern auch ein Zeichen mangelnder Intelligenz.

Euer Jürgen Todenhöfer

PS: Ich freue mich, dass der Papst an diesem Wochenende in Jerusalem ist. Dem Zentrum der drei großen abrahamitischen Religionen. Mit einem argentinischen Rabbi und einem argentinischen Islamgelehrten. Was würde wohl Abraham über die schlimmen Streitigkeiten unserer Tage über Jerusalem denken? Als Vater dreier heillos zerstrittener Söhne?

Ich hoffe, dass wenigstens niemand den Papst einen Antisemiten nennt, wenn er in Jerusalem die Palästinenser in sein Gebet einschließt. Auch sie sind Kinder Abrahams.

Deshalb: Packt endlich die Anti-Semitismuskeule ein und packt sie nie mehr aus!

Über den Autor:

Jürgen Todenhöfer (* 12. November 1940 in Offenburg) ist ein Autor und Publizist. Der promovierte Jurist war von 1972 bis 1990 Bundestagsabgeordneter der CDU und danach bis 2008 Vorstandsmitglied des Burda-Medienkonzerns. In den 1980er Jahren zählte Todenhöfer zur so genannten „Stahlhelmfraktion" des rechten Flügels der CDU. Er war einer der bekanntesten deutschen Unterstützer der von den USA geförderten Mudschahidin und deren Guerillakrieg gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans. Mehrfach reiste er in Kampfzonen zu afghanischen Mudschahidingruppen. Ab etwa 2001 profilierte sich Todenhöfer als Kritiker der US-amerikanischen Interventionen in Afghanistan und dem Irak, über die er mehrere Bücher schrieb. Diese Kriegsgebiete bereiste er ebenso wie die des arabischen Frühlings.

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