Angesichts der angespannten Lage bei der Unterbringung von Flüchtlingen verschärft Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) den Druck auf Eigentümer leerer Häuser. Im Februar wolle die Verwaltung ein letztes Mal die Hausbesitzer anschreiben
und sie darum bitten, ihre Gebäude der Stadt zu vermieten, kündigte das
Stadtoberhaupt dem Tübinger Gemeinderat am Montagabend an.
Sollte
der Rücklauf so schlecht wie bisher sein, "sieht die Verwaltung den
Zeitpunkt für einen Kurswechsel gekommen", heißt es in einem Schreiben
von Palmer an den Gemeinderat. Die Verwaltung werde intern eine
sogenannte Zweckentfremdungssatzung vorbereiten, die dem Gemeinderat bei
Bedarf sofort zugeleitet werden könne. "Sollte auf freiwilliger Basis
kein Fortschritt mehr zu erzielen sein, benötigt die Verwaltung ein
solches Instrument", erläuterte Palmer. Das "Schwäbische Tagblatt" hatte zuerst darüber berichtet.
"Wenn
für die einen nur noch die Übernachtung unter einer Brücke bleibt,
während andere ganze Häuser leer stehen lassen, dann muss man
Solidarität einfordern", begründete der Grünen-Politiker seine Pläne am
Dienstag auf seiner Facebook-Seite. Der Eigentümerverband Haus &
Grund in Baden-Württemberg lehnt solche Vorhaben strikt ab.
Bis zu 50.000 Euro Bußgeld
Mehrere
Städte setzen bereits auf ein Zweckentfremdungsverbot, um gegen
Wohnungsknappheit vorzugehen. Dabei können Eigentümer mit Bußgeldern von
bis zu 50.000 Euro bestraft werden, wenn sie ihre Wohnungen grundlos
länger als sechs Monate leer stehen lassen. Diese Regelung ist in
Stuttgart seit Jahresanfang in Kraft, in Konstanz und Freiburg bereits
länger.
Wegen der dringenden Unterbringung von Flüchtlingen, macht auch Tübingen jetzt
ernst mit einer solchen Bußgeld-Satzung. Für die Monate Januar und
Februar kündigte der Landkreis an, dass die Stadt jeweils 30 Flüchtlinge
unterbringen müsse. Das könne man zwar noch leisten, doch: "Reserven im
direkten Zugriff der Stadt gibt es nicht mehr", ließ Palmer den
Gemeinderat wissen.
Bereits
im Sommer gab es auf ein Anschreiben der Verwaltung wenig Rückmeldung.
Deshalb wurden im November erneut 76 Hauseigentümer angeschrieben und
ihnen ein Angebot gemacht. "Der Rücklauf auf dieses Schreiben war
unbefriedigend", so Palmer. Bei der Verwaltung sind nur neun Antworten
eingegangen, von diesen waren nur drei positiv.
dpa/dol
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