Christliche Flüchtlinge sind in Heimen Schikanen und Gewalt durch 
Islamisten ausgesetzt. Einige türkisch- und arabischstämmige 
Sicherheitsleute schauen nicht nur weg – sondern schlagen selbst zu.
  
Von 
    
             Marcel Leubecher
            
            
        Politikredakteur
                                    
Erbil im Irak: Ein Christ, der vor 
islamistischer Gewalt geflohen ist, zeigt seine Jesus-Tätowierung. Auch 
verfolgte Christen, die es nach Deutschland geschafft haben, sind vor 
Verfolgung nicht sicher – teilweise wegen des Sicherheitspersonals
        Foto: Getty Images
    
"Schädelprellung, 
Monokelhämatom rechts, Stumpfes Thoraxtrauma, stumpfes Bauchtrauma. 
Anamnese: Patient ist heute von vier Securitypersonen zusammengeschlagen
 worden, seitdem massive Kopfschmerzen und Schmerzen im Bauch. Patient 
wurde mit dem RTW gebracht." So beschreibt die Notaufnahme der 
hessischen Hochtaunus-Kliniken, was dem 31 Jahre alten Iraner Ajdin (Name geändert, d. Red.) an einem Novemberabend angetan wurde.
"Sie warfen mir vor, ich hätte den Islam beleidigt, prügelten mich nieder und traten mir ins Gesicht", sagte der zum Christentum konvertierte Südiraner mit verschwindend leiser Stimme der "Welt". Fast täglich würden er und 13 weitere Christen in dem Oberurseler
 Asylheim von muslimischen Flüchtlingen beschimpft, vor allem, wenn sie 
mit ihren kleinen Bibeln in der Hand zweimal pro Woche zum Gottesdienst 
gingen. "Von manchen Mitbewohnern erwarten wir auch nichts anderes, aber
 dass auch Wachleute unseren Glauben verachten, hätten wir nie gedacht."
Als er an jenem 
folgenreichen Abend das Heim betrat und seine Flüchtlingskarte, auf der 
auch die Nationalität angegeben ist, vorzeigte, machte der Wachmann laut
 Ajdins Schilderung eine seltsame Bemerkung: "Aaaaah, ISLAMISCHE 
Republik Iran!", sagte der Wachmann voller Wertschätzung. Diese teilte 
Ajdin – der vor dem islamistischen Regime aus dem Iran geflohen war – nicht, weswegen er entgegnete: "Nein, nur Iran."
Unter
 den wütenden Blicken des türkischstämmigen Sicherheitsmannes ging der 
schmächtige Iraner in den Speisesaal, wo er von einem anderen 
Securitymann gepackt und in den Flur gestoßen wurde. Dort hagelte es 
Schläge. "Ein anderer schubste mich zum Pfortenbereich, wo zwei weitere 
Wachleute auf mich warteten, auch der Ausweisleser. Der warf mir vor, 
ich hätte ,scheiß Islam' gesagt. Dann prügelten mich alle vier, durch 
die Faustschläge ging ich zu Boden; dann traten sie mich ins Gesicht", 
sagte Ajdin. Als ein zweiter Iraner vermitteln wollte, wurde auch dieser
 niedergeschlagen, berichten die beiden der "Welt".
Ein etwaiger religiös motivierter Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist uns nicht bekannt.
Hochtaunuskreis
Träger der Flüchtlingsunterkunft
Als
 sie auf der Polizeiwache Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung 
und "einfacher" Körperverletzung stellten, wurde Ajdin fast bewusstlos, 
sodass der Notarzt ihn mit Halskrause ins Krankenhaus fahren musste. 
Soweit die Schilderungen der beiden Iraner und der Internationalen 
Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), die den Fall begleitet.
Der
 Hochtaunuskreis als Träger des Heims teilte auf Anfrage der "Welt" zwar
 mit, dass ihnen die "Auseinandersetzung zwischen zwei Iranern und 
Sicherheitskräften an der Notunterkunft in Oberursel" bekannt ist. "Da 
in dem beschriebenen Fall gegenseitige Strafanzeigen bestehen, kann zu 
dem eigentlichen Hergang keine Aussage getroffen werden. Ein etwaiger religiös motivierter Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist uns nicht bekannt", antwortete der Kreis. 
Die mutmaßlichen Schläger werden "an anderer Stelle eingesetzt"
IGFM-Asylexperte
 Max Klingberg hält die Aussagen der Iraner für glaubwürdig und die 
Gegenanzeigen der Sicherheitsmitarbeiter für unbegründet – auch weil 
diese weder die Polizei noch einen Notarzt für den übel zugerichteten 
Ajdin riefen. "Das mussten später ehrenamtliche Helfer erledigen", sagte
 Klingberg. "Wer sollte außerdem glauben, dass ein iranischer Hänfling 
auf vier stabil gebaute Securitys
 losgeht?" Diese wurden laut Hochtaunuskreis "nach Rücksprache zwischen 
dem Führungsstab und der Polizei umgehend durch die Sicherheitsfirma aus
 dem Aufgabenbereich entfernt".
Mein Eindruck ist, dass da mittlerweile jeder, der einen bestimmten Muskelumfang hat und Arabisch spricht, genommen wird.
Frank Martens
Berliner Pfarrer
Wohin,
 das möchte ihr Arbeitgeber nicht mitteilen. "Sie sind aus dem Heim 
genommen worden und nun an anderer Stelle eingesetzt", sagte 
All-Service-Geschäftsführer Peter Haller der "Welt". Auf die Frage, ob 
die schlagkräftigen Mitarbeiter über einen Subunternehmer bei 
All-Service beschäftigt sind, antwortete Haller: "Da möchte ich nichts 
zu sagen." 
Grundsätzlich
 sei man schon auch auf Partnerunternehmen angewiesen. Man bemühe sich 
jedoch, geeignetes Personal zu finden, überprüfe Facebook-Profile
 von Bewerbern und stelle für die Asylheimsicherung ausschließlich 
Mitarbeiter mit Migrationshintergrund ein, weil diese über besondere 
interkulturelle Kompetenzen verfügten.
"Scharia-Klima" im Flüchtlingsheim
Die
 interkulturellen Kompetenzen einiger Sicherheitsmitarbeiter scheinen 
nicht nur in Oberursel noch ausbaufähig zu sein: Auch aus 
Nordrhein-Westfalen und Berlin berichteten Asylsuchende und Betreuer der
 "Welt" von christenfeindlichen Wachleuten. Der Berliner Pfarrer 
Gottfried Martens von der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche 
(SELK) schilderte einen brutalen Angriff auf zwei Iraner durch 
muslimische Securitys in Berlin-Dahlem, als die beiden beim Bibellesen 
"erwischt" wurden.
Foto: picture alliance / dpa
    Der Berliner Pfarrer Gottfried Martens 
fordert, dass Sicherheitspersonal sensibler auf Christenfeindlichkeit in
 Flüchtlingsheimen reagiert
    
"Die Wachleute stürmten ins Zimmer, riefen: 'Die Bibel ist haram' (Sünde, d. Red.),
 drückten die beiden an die Wand, schlugen und traten auf sie ein", 
berichtete Martens der "Welt". Weil durch den Lärm "das halbe Heim 
zusammengelaufen" sei, habe es zum Glück viele Zeugen gegeben, sodass 
der Fall klar war und die Securitys entlassen wurden.
"In
 den Berliner Heimen hat sich die Lage für die Christen verschlechtert, 
seitdem die Behörden auf arabisch geprägte Sicherheitsunternehmen 
zurückgreifen", sagte Martens, dessen Gemeinde knapp 1000 afghanische, 
iranische und arabische Christen besuchen. "Mein Eindruck ist, dass da 
mittlerweile jeder, der einen bestimmten Muskelumfang hat und Arabisch 
spricht, genommen wird."
Nach
 den Berichten vieler Flüchtlinge schauten die Securitys regelmäßig weg,
 wenn Christen von Muslimen schikaniert würden. Der Pfarrer fordert: 
"Betreuer und Wachleute müssen wesentlich sensibler auf Christenfeindlichkeit
 reagieren, in vielen Heimen herrscht durch eine breite Strömung 
konservativer Muslime ein Scharia-Klima, vor dem die christlichen 
Flüchtlinge flohen."
Besonders
 in den vergangenen Wochen werde deutlich, dass arabische Securitys sich
 immer wieder weigern, die Polizei zu rufen, wenn die Christen sie darum
 bitten. Wenn die Polizei dann doch komme, hätten die Wachleute die 
Sprach- und damit die Deutungshoheit. "Sie erklären dann der Polizei, 
die Christen seien Querulanten, aber ansonsten sei natürlich alles in 
Ordnung – und die Christen haben keine Chance, dagegen etwas zu sagen, 
weil sie meist kein Deutsch können", so Martens.
Er
 habe schon Flüchtlinge in seiner Kirche in Berlin-Steglitz schlafen 
lassen, die sich nicht mehr zurück ins Heim trauten. "Vor Wochen kam ein
 Iraner mit einer 30 Zentimeter langen, mit x Stichen genähten Wunde zu 
mir, der nachts überfallen wurde." Der Mann habe geschlafen, als der 
Angreifer ihm den Rücken aufschlitzte und die Bibel des Christen 
zerriss.
Ich verstehe nicht, dass in einem aufgeklärten Land Personen für die Sicherheit sorgen dürfen, die solche religiösen Ansichten haben.
Ajdin
Christ aus dem Iran
Der integrationspolitische Sprecher von Hessens CDU, Ismail Tipi,
 warnt schon lange davor, islamistische Umtriebe in den Heimen zu 
unterschätzen. "Salafisten und andere Islamisten versuchen mit allen 
Mitteln, in manche Unterkünfte zu kommen. Dazu rufen sie für jeden 
nachlesbar im Internet auf. Ich bin mir sicher, dass auch im Bereich des
 Sicherheitspersonals Islamisten tätig sind."
Er
 selbst habe vor Heimen Securitys mit verdächtigem Salafistenbart 
beobachtet. Hier gelte es für die Betreiber und Sozialpädagogen, sehr 
wachsam zu sein, sagte Tipi der "Welt".
Der
 zusammengeschlagene Iraner Ajdin hofft, dass er keine weitere Gewalt 
ausstehen muss. Er sei Gott für die Versorgung im Heim, die Polizisten 
und die Krankenhausangestellten in Oberursel dankbar. "Doch ich verstehe
 nicht, dass in einem aufgeklärten Land Personen für die Sicherheit sorgen dürfen, die solche religiösen Ansichten haben."
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